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Fahrradanhänger oder Lastenfahrrad für den Kindertransport ?

Fahrradanhänger oder Lastenfahrrad

Ich liebe Fahrrad fahren, bin gerne an der frischen Luft und die Parkplatzsuche mit meinem VW-Bus ist manchmal echt nervig. Doch auch steigende Benzinkosten und das Wissen, dass Kurzstrecken nicht gut fürs Auto und die Umwelt sind, überzeugen – es gibt viele Gründe das Auto stehen zu lassen und dafür aufs Fahrrad zu steigen. Gerade zum Kindertransport sind Fahrradanhänger oder Lastenfahrrad eine gute Lösung und optimale Alternative zum Auto. Beide Varianten bringen ihre Vor- und Nachteile mit sich.

In den letzten neun Jahren war ich viel mit dem Fahrradanhänger (mit unseren Hunden) unterwegs und seit Neuestem bin ich stolzer Besitzer eines Lastenfahrrades, so dass ich die Vorzüge und Unterschiede beider Varianten kenne. Diese Erfahrungen und Eindrücke habe ich in diesem Beitrag zusammengestellt, um euch die Entscheidung zu erleichtern, denn ich kann nicht pauschal sagen, dass das eine besser oder schlechter ist.
Was nämlich besser zu euch passt, ist von einigen Faktoren abhängig: eure familiäre Situation (Alter und Anzahl der Kinder, Budget, Unterstellmöglichkeit), eure Alltagsgestaltung (wie viel und welche Touren ihr fahrt) und die Anforderungen (Platz, Flexibilität) an das Gefährt.

Platz – Zuladungskapazität

Hauptargument für mein Lastenfahrrad ist vor allem der Platz: mein Fahrradanhänger war mit den beiden Hunden voll, so dass mit Nachwuchs eine Lösung gefunden werden musste, in der die beiden Hunde und Baby/Kind Platz finden. Ein Lastenfahrrad war die Lösung!
Wie der Name schon verrät, ist das Lastenfahrrad für die Zuladung von hohen Lasten (bis zu 200kg, mein Babboe Curve Mountain darf 100kg) ausgelegt. So kann man bis zu vier Kinder mitnehmen. Oder eben neben ein oder zwei Kindern noch bequem Einkäufe oder Hunde 😉
Die hohe Zuladung und der geräumigere Kasten des Lastenrades (im Gegensatz zur Kabine eines Anhängers) erlaubt damit auch eine längere Nutzung, da auch ältere Kinder bequem transportiert werden können.
In einem Fahrradanhänger können bis zu 2 Kinder, bei maximal 50kg Zuladung, mitgenommen werden. Mein Fahrradanhänger verfügte über einen Stauraum hinter den Sitzen, in dem auch eine Tasche und Picknickdecke noch bequem Platz gefunden haben.

Kostenfaktor

Das Hauptgegenargument ist natürlich der Preis eines Lastenfahrrades, welche ohne Motor (ab 1500€) und mit elektrischer Tretunterstützung (ab 2500€) preislich schon einem Kleinwagen gleich kommen.
Doch für einen gängigen und beliebten Markenanhänger, mit guten Qualitäts- und Sicherheitsstandards, zahlt man auch schon um die 500 bis 950 €. Dazu kommt dann ggf. noch das Fahrrad, denn nicht alle Fahrräder sind zum Ziehen eines Anhängers ausgelegt.

Sicherheit

Für uns Eltern steht die Sicherheit der Kinder an 1. Stelle. Egal ob mit Fahrradanhänger oder Lastenfahrrad: wie sicher eure Kinder darin aufgehoben sind, hängt wesentlich von eurem Fahrverhalten und der Verkehrssicherheit des Fahrzeuges ab. Zu beachten sind demnach folgende Hinweise:

  • Bevor ihr eure Kinder mitnehmt, solltet ihr alleine Fahrpraxis sammeln. Dabei sind verschiedene Lenkmanöver (Kurvenfahren, Wenden), Auffahren auf Bordsteine und schnelles Bremsen zu üben. Nur so bekommt ihr ein Fahrgefühl für den größeren Wendekreis, die längeren Bremswege, die Anforderung an das Zusatzgewicht,  Einschätzen der Gewichtsverlagerung und die Länge und Breite des Gefährts und könnt sicher damit umgehen.
    Beim Fahren ist die veränderte Fahrweise stets einzukalkulieren! Wenn ich längere Strecken mit dem Anhänger unterwegs war, habe ich ihn manchmal ganz vergessen…
  • Für die Verkehrssicherheit müssen bestimmte Ausrüstungsteile, wie Beleuchtung, Reflektoren und Klingel vorhanden sein. Besonders wichtig sind natürlich auch gute Bremsen, da ja mehr Gewicht transportiert wird.
    Aus diesem Grund bietet sich auch ein jährlicher Check beim Fahrradhändler an.
  • Sicherheit im Lastenfahrrad: anschnallen und Helm tragenKinder müssen sowohl im Fahrradanhänger, als auch im Kasten des Lastenfahrrades gut gesichert sein. Hierbei sind sichere Sitzmöglichkeiten und Gurtsysteme ausschlaggebend für die Sicherheit. Für mich persönlich zählt auch das Tragen eines Helmes dazu!

Wenn ihr diese Hinweise beachtet, dann seid ihr schon mal auf der sicheren Seite. Zwei weitere Sicherheitsfaktoren sind die Sichtbarkeit im Straßenverkehr und der Kippschutz, die ich im Folgenden erläutere.

Sichtbarkeit im Straßenverkehr

Da Radwege nicht überall gut ausgebaut sind und man daher auch gezwungen ist, mal auf der Straße zu fahren, ist die Sichtbarkeit auch ein wichtiger Faktor für die Sicherheit.
Ich persönlich denke, ein Lastenfahrrad wird von anderen Verkehrsteilnehmern anders und auch eher wahrgenommen, als ein Fahrrad mit Anhänger. Schon mit den Hunden hatte ich Sorge, dass der Anhänger mal übersehen wird.
Wichtig ist daher ein hoher, bunter Wimpel am Fahrradanhänger, der die Autofahrer aufmerksam macht. Mit einem Fahrrad-Rückspiegel hat man den Verkehr und den Anhänger immer im Blick. In der dunklen Jahreszeit sorgen Beleuchtung und ausreichend Reflektoren für mehr Schutz. Dies gilt ebenso für das Lastenfahrrad, deshalb überlege ich auch mir reflektierende Aufkleber auf den Kasten zu kleben.

Kippschutz

Zum Thema Sicherheit gibt es noch die Sorge, dass ein Anhänger umkippen könnte. Die besondere Geometrie eines Anhängers (große Räder, elastisches Material und oft schon Überrollbügel) sorgen dafür, dass er nicht so leicht umkippt. Eine Garantie kann ich euch nicht geben, aber ich habe in den neun Jahren einige Kurven zu scharf genommen, bin über Stock und Stein gebrettert und der Anhänger ist oft ganz schön gehüpft, aber umgefallen ist er nie. Wichtig ist, auf eine gleichmäßige Gewichtsverteilung zu achten, denn eine einseitige Beladung des Anhängers vergrößert natürlich die Kippgefahr.
Ich hatte eher das Problem, dass mein Fahrrad beim Be- und Entladen des Anhängers mal umgefallen ist. Das war echt nervig. Hier kann ich euch empfehlen einen besseren Ständer an das Fahrrad anbauen zu lassen, denn auch wenn eure Kinder mal am Fahrrad spielen, sollte es fest stehen und nicht auf sie drauf kippen.
Beim Lastenfahrrad gibt es Modelle mit und ohne Kippschutz. Selbst beim Probefahren im Fahrradgeschäft konnte ich die Unterschiede beim Kurvenfahren merken. Von daher würde ich bei der Auswahl eines Lastenfahrrades darauf achten, dass es über einen Kippschutz verfügt. Doch verlassen würde ich mich darauf nicht: wenn man es drauf anlegt, bekommt man bestimmt auch diese Räder zum Umkippen.

Sitzposition der Kinder

Ich finde es gut, dass die Kinder beim Lastenfahrrad vorne sitzen und man sie so im Blick hat. Dadurch weiß man, ob es ihnen gut geht, beziehungsweise man erkennt schneller, was los ist, wenn etwas nicht in Ordnung ist und die Kinder weinen. Mit dem Lastenfahrrad kann man auch während der Fahrt mit den Kindern interagieren. Außerdem haben die Kinder durch die höhere Sitzposition auch einen freien Blick und schauen nicht nur auf den Rücken des Fahrradfahrers. Die Kinder sehen mehr, haben mehr Platz und dadurch auch mehr Interaktionsmöglichkeiten untereinander- vor allem, wenn sie sich gegenübersitzen können (nur in manchen Modellen möglich).
Wenn die Hunde hinten im Anhänger gebellt haben, musste ich meistens anhalten und schauen, was das Problem ist. Auch hier ist mein Tipp ein Rückspiegel, in dem man die Kinder zumindest ein wenig im Blick hat.

Lastenfahrrad oder Anhänger im VergleichWetterschutz

Alle Anhänger verfügen über einen Wetterschutz vor Regen und Wind/Zugluft und ein Mückennetz, das vor Insekten oder Steinen (die vom Hinterrad in den Anhänger geschleudert werden könnten) schützt. Dieses sollte daher immer geschlossen sein.
Manche Modelle sind zudem mit einem Sonnen- und Blendschutz ausgestattet oder bieten ihn als Zubehör an. Einige Anhänger verfügen über zusätzliche Möglichkeiten zur Klimaregulierung.
Bei Anhängern ist aufgrund der niedrigen Sitzposition der Kinder (auf Auspuffhöhe!) auch unbedingt darauf zu achten, dass ein Schutz vor Abgasen vorhanden ist. Da Abgase nämlich schwerer sind als Luft, zieht man sein Kind genau durch die Zone mit den meisten Abgasen. Von daher sollte man seine Routen -wenn möglich- so planen, dass man nicht unbedingt an Hauptverkehrsstraßen entlang fährt.
Für Lastenfahrräder gibt es je nach Modell auch Sonnen- und Regenverdecks, so dass die Kinder bei jedem Wetter gut geschützt sind.
Bei Kälte benötigen die Kinder sowohl im Anhänger als auch im Lastenrad Wärmeschutz (Schlafsack, Decke, Fußsack), weil es sich ja nicht bewegt.

Flexibilität

In Sachen Flexibilität hat der Anhänger die Nase ganz weit vorne – er punktet vor allem durch folgende Vorteile:

  • Ein Anhänger lässt sich abkoppeln und an verschiedene Fahrräder ankoppeln. So kann einer das Kind mit dem Anhänger in den Kindergarten bringen, ihn dort stehen lassen und von dort ohne Anhänger weiter zur Arbeit fahren und nachmittags selbst wieder abholen oder jemand anders kann damit wieder nach Hause fahren. Laut Straßenverkehrsordnung dürfen den Fahrradanhänger übrigens erst Personen ab 16 Jahren ziehen.
    Das Fahrrad kann auch ohne Anhänger genutzt werden- das ist ein nicht zu unterschätzender Nachteil beim Lastenrad. Dafür ist es immer sofort einsatzbereit und es muss nicht erst noch ein Anhänger angekoppelt werden.
  • Der Anhänger ermöglicht durch die Buggy-Funktion auch eine aktive Freizeitgestaltung. Schnell abgekuppelt und umfunktioniert, hat man am Zielort einen Buggy. Da die meisten Anhänger auch durch Türen und Durchgänge passen, können sie zum Einkaufen mitgenommen werden. So müssen die Kinder nicht aus dem Anhänger genommen werden, sondern können in ihrer Kabine ruhig weiterschlafen.
  • Anhänger lassen sich leicht zusammenfalten und im Auto verstauen oder in Zügen mitnehmen, so dass sie einen auch auf Reisen begleiten können.
    Die Mitnahme eines Lastenfahrrads ist nur mit Autoanhänger und in manchen Zügen der Deutschen Bahn möglich. (Reservierung von zwei Tandemstellplätzen nötig!)

Das Lastenfahrrad bietet nur durch seinen Platz ein Mehr an Flexibilität. So können auch spontan mal weitere Mitfahrer, wie der Spielfreund aus der Kita, mitgenommen werden.

Unterbringungsmöglichkeit

Die Unterbringung eines Anhängers ist einfacher. Durch die Faltfunktion lässt er sich auch in kleineren Wohnungen gut unterbringen, leichter verstauen oder platzsparend parken.
Ein Lastenfahrrad benötigt wesentlich mehr Abstellfläche. Durch sein Eigengewicht kann man es auch nicht mal eben in den Fahrradkeller tragen. Soll es auf einer Außenstellfläche/Parkplatz stehen, dann sollte es mit einer Abdeckplane vor Witterung geschützt werden. Es gibt übrigens auch Modelle mit teilbaren Rahmen, so dass man die Länge auf die Hälfte reduzieren kann.

Mein kunterbunt und lebensfroh Tipp:

Wie ihr seht, gibt es einiges zu bedenken und einen klassischen Sieger kann ich nicht küren. Es kommt neben den Kosten vor allem auf die Praktikabilität und die Einsatzbedingungen an und da haben beide Varianten eben ihre Stärken.
Für den Fahrradanhänger spricht eindeutig die Flexibilität und für den Transport von bis zu zwei Kindern ist er eine praktische und einfache Transportalternative. Wer dauerhaft auf das Auto verzichten und damit auch Einkäufe transportieren möchte, ist mit einem Lastenfahrrad besser beraten.
Ich wurde als Kind in einem Kindersitz auf dem Gepäckträger transportiert. Das ging auch. Vor allem wer auf der Suche nach einer preisgünstigen Variante für nur ein Kind ist, könnte darüber noch einmal nachdenken. Gerade für Kurzstrecken ist er eine gute Alternative- bei längeren Touren bietet ein Anhänger jedoch mehr Komfort und Wetterschutz.

Für welche Variante sich fahrradbegeisterte Eltern auch entscheiden, die Sicherheit ist wesentlich von der richtigen Bedienung des Fahrers und dem technischen Zustand des Fahrrades abhängig. Bitte gurtet eure Kinder stets an und schützt sie (und euch als Vorbilder!) mit einem Helm!

Viel Spaß beim Fahrradfahren!Liebe Grüße Angie

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